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Tag 33 (23.06.2016): Sankthans in Nordnorwegen

Um 05:00 Uhr ist endlich die letzte Trocknerladung fertig – ich auch. Das bin ich zwar auch immer noch, als mich Annika um 09:30 Uhr weckt, aber zumindest ist jetzt wieder für die nächsten 10 Tage der Klamottenvorrat gesichert. Nicht ganz ausgesprochen geschieht Malu auch schon ein „klitzekleines Malheure“ und schon ist der nächste Body für die sofortige Wäsche qualifiziert. Nunja, das ist wohl zusammen mit dem obligatorischen vergessen Socken (der meist genau dann auftaucht, wenn die Waschmaschine das Programm gestartet und die Tür verriegelt hat) ein Fall für den Scrubba Wash Bag.

Die einzige Sache, die in Oscar nicht unabhängig von Zivilisation funktioniert, ist der spießige Staubsauger. Deshalb werden noch alle Ecken, Ritzen und Winkel, die man unterwegs nicht richtig sauber bekommt gesaugt, und einmal Großputz gemacht. Lani cruist derweil mit ihrem Fahrrad über den Campingplatz und sammelt Sympathiepunkte bei allen Nachbarn. Und so steht inmitten unseres Gewerkel plötzlich unser norwegischer Campingnachbar mit einem Teller mit zwei frisch geangelten und gerade gegrillten Fisch-Filets in Pfeffer-Marinade in der Tür. Das Anglerglück war am Morgen mit ihm und so hat er ein paar „Polloks“ zu viel aus den Strudeln gezogen und sich überlegt, dass er doch alle umliegenden Wohnmobile verköstigen könne. Lani ist dank Oma und Opa unsere „Fischnase“, während Annika und ich uns mit dem Konsum von Meerestieren weit bis komplett zurückhalten. Aus diesem Grund verschwinden die Fische fast komplett in ihrem Bäuchlein. Ich mag eigentlich gerade gar nichts essen – vor allem aber keinen Fisch. Doch als mir Lani das extra für mich zur Seite gelegte Stückchen auf ihrem Teller zeigt und mich damit füttern will, kann ich nicht anders. Hat sich mir doch 30 Sekunden vorher beim Gedanken an Fisch noch der Magen verdreht, geschieht das undenkbar Beste: der Fisch schmeckt gar nicht nach Fisch, so frisch ist er! Wahnsinn (und sogar außerordentlich lecker)!

Der Fisch hat leider ein wenig unseren (sofern überhaupt vorhandenen) Zeitplan durchkreuzt und so schaffen wir es nicht mehr rechtzeitig unter die Brücke, um uns noch einmal die Strudel in die andere Richtung anzuschauen, aber sei es drum.
Wir mogeln uns durch den Streckenverlauf eines Radrennens hindurch, bis wir endlich wieder auf der Europastraße landen um in Richtung Bognes zu fahren und um von dort mit der Fähre auf die Vesterålen überzusetzen. Die direkte Fähre, die von der Saltstraumen gegenüberliegenden Uferseite von Bodø aus nach Moskenes auf den Lofoten fahren würde, ist leider für uns und Oscar mit weit über 300€ unverhältnismäßig und (zu) teuer, weshalb wir uns für die nächstkürzere Fährverbindung nach Lødingen entscheiden.
Es ist Sankthans und Norwegen zeigt uns eindrucksvoll, wie das Fest dort gefeiert wird: nicht groß! Dafür sieht man überall Menschen und vornehmlich Familien gemeinsam picknicken und dem Volkssport „Einweggrillen“ nachgehen. Keine Möglichkeit wird ausgelassen und sei es die Nothaltebucht der Landstraße, die als Ausflugsziel herhalten muss. Wer eine „Hytta“ im Fjell (ein Wochenendhäuschen) besitzt, ist dahingehend unsichtbarer, aber dennoch verraten die entlang der Landstraße und vor unscheinbaren Schleichwegen geparkten Fahrzeuge, dass die Hytta nicht weit und der Hausherr anwesend ist.
Im Städtchen Fauske halten wir noch einmal kurz zum Einkaufen an und zum ersten (und einzigen) Mal sehen wir ein größeres Fest: viele Menschen sitzen an Bierzeltgarnituren im Garten eines Museums, ein Feuerchen brennt und gerade kommt ein Spielmannszug aus Jugendlichen die Straße entlang. Es sieht nach DEM netten Sommerfest aus, das man sich vor seinem inneren Auge vorstellt, wenn man an ein Solches denkt.
Wir fahren dennoch weiter – es ist inzwischen 18:00 Uhr und wir wollen es zu „humanen“ Uhrzeiten schaffen, ich Bognes anzukommen, um morgen mit der ersten Fähre auf die Inselkette überzusetzen. Wir durchqueren dünn besiedelte Landstriche und überall brennt heute irgendwo ein kleines Lagerfeuer. Es ist nahezu Windstill und so steigt der Rauch der kleinen Feuer steil empor. Es sieht irgendwie schön aus und da der Qualm ausnahmsweise einmal nicht nach Schweröl stinkt, sieht er tatsächlich in der Abendsonne romantisch aus.


Es ist gegen 22:00 Uhr, als wir unseren dritten Elch sehen und wieder einmal hüpft das riesige Tier grazil und zügig auf direktem Weg von rechts nach links über die Straße und verschwindet ebenso schnell wieder im Nichts, wie es aufgetaucht ist.

Noch leicht euphorisch fahren wir um die nächste Haarnadelkurve, welche über eine Bergkuppe geführt ist. Schlagartig werden wir von der tief stehenden Sonne geblendet und im nächsten Moment sehen wir die vor uns liegende Küste und am Horizont zeichnet sich die Bergkette der Lofoten und Vesterålen ab. Ein wahnsinnig schöner Augenblick.

img_2834Während wir zum Fotografieren auf eine Haltebucht rollen, folgt uns ein dunkelroter Kastenwagen. Zunächst denke ich mir nichts dabei, doch als das Fahrzeug neben uns fährt, wird mir das komisch und ich rolle noch ein Stückchen nach vorne. Annika steigt aus um das Panorama zu fotografieren. Im Rückspiegel sehe ich, wie eine Frau aus dem Kastenwagen steigt und zu Annika läuft. Was mir zunächst suspekt vorkommt, stellt sich als gebürtige Lofoteranerin heraus, die inzwischen in Bodø wohnt und uns schlagartig und ungefragt mit einer Reihe von Insidertipps bombardiert. Annika kann so schnell gar nicht unsere Karte vollmalen, wie die Frau ihre Empfehlungen ausspricht. Eine der letzten Fragen, die uns die Frau stellt ist, wie wir auf die Inseln kommen wollen. Annika erklärt ihr, dass wir die Fähre nach Lødingen nehmen wollen. Die Antwort lautet: „Oh, you are going to catch the last one at 22:45…“. Beim Blick auf die Uhr verwerfen wir unseren Plan vom Zwischenstopp VOR der Fähre, denn das könnten wir schaffen!
Mit angelegten Ohren düst Oscar in Richtung des Anlegers und tatsächlich erwischen wir die Fähre.

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Exakt eine Stunde später tuckern wir wieder aus dem Bauch der Fähre und rollen (noch an Sankthans!) die ersten Meter auf die Vesterålen – ein denkbar ehrwürdiger Moment. Seit vier Jahren träumen und reden wir von den Lofoten, die nur durch eine unsichtbare Grenze in einem Fjord getrennt, die südwestliche Verlängerung der Vesterålen bilden. Wir sind ihnen so nahe wie nie zuvor…

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